Harnzucker

Über Jahrhunderte das Mittel der Wahl

Die Bestimmung mittels Harnzucker war über Jahrhunderte die einzig praktikable Möglichkeit den Diabetes mellitus festzustellen. Bedingt durch die ungenaue Aussagekraft löste ab 1900 die Blutzuckermessung diese Variante langsam ab. Nachteil der Harnzuckerbestimmung ist, dass der aktuell im Körper bestehende Wert durch die Sammlung und Durchmischung des Urins in der Blase nicht aufgezeigt wird. Daher ist er bei positivem Ergebnis lediglich ein starkes Indiz für das Vorliegen der Erkrankung.

1780 gelingt dem Briten Francis Home mit Hilfe eines Gährungs- Saccharometers und Zusatz von Hefe der Nachweis von Zucker im Harn. Durch Mischung einer Flüssigkeit von destilliertem Wasser, Harn und Hefe erzielte man bei 15°C Raumtemperatur nach drei bis vier Stunden das Ergebnis.

Gährungssacharometer

Dr. Vogel beschreibt 1864 die Möglichkeit, die sich mit dem Aräometer, ergibt. Mit dieser Spindel wird das spezifische Gewicht von Flüssigkeiten ermittelt. Eigene Urinprober erarbeiten auch unter Anderem die Herren Ultzmann, Heller, Citron und Einhorn. Auf Reisen konnten solche Dichtespindeln leicht mitgeführt werden.

Harnzucker, Reisebesteck

Für die Labordiagnostik bringt die Freiburger Firma Hellige ab 1896 den so genannten Diabetometer, den es seit 1856 gibt, auf den deutschen Markt. Er wird 1955 zu einem Preis von 156 DM bis 250 DM eine Auferstehung feiern.

Hellige Diabetometer
Skala vom Diabetometer

Daneben gibt es Polarisationsapparate und Kreispolarimeter.

Kreispolarimeter, Schmidt & Haensch, 1900
Kreispolarimeter, Schmidt & Haensch, 1920

Zwei Kreispolarimeter der Berliner Firma Schmidt & Haensch, links um1900, rechts um 1920

Über die Jahre werden sie, aufgrund der Verkleinerung und des wesentlich handlicheren Umgangs damit, zu Taschenpolarimetern. Diese Geräte werden so noch bis in die 1980er Jahre genutzt.

Polarimeter, 1930er Jahre
Polarimeter zur Harnzuckerbestimmung

Bei den fertigen Lösungen wird ca. ab 1849 hauptsächlich mit der Fehlingschen Lösung I und II gearbeitet. Dazu benötigt man als Reagenzien Kupfersulfat, Seignettesalz und Kalilauge. Diese relativ genaue Art der Harnzuckerbestimmung mit Farbumschlag nach rot, löst für die Patienten die Nylander Reagenz, welche mit nur einer Flasche auskommt, ab. Hier führt die Farbreaktion zu schwarz. Durch dreiminütiges Kochen von 5ccm Harn und mischen mit 0,1ccm Nylander Reagenz färbt sich der Urin. Liegt der Wert über 0,1% zeigt die Schwarzfärbung Zucker an. Gibt es eine Braunfärbung ist alles in Ordnung. Die Betroffenen sehen nach dem Aufkochen und der folgenden Abkühlphase schnell und eindeutig, ob Zucker im Urin vorkommt. Insgesamt wurden zur Harnzuckerbestimmung, Gefäße mit einem Fassungsvermögen bis zu 10 l täglich für den Sammelurin, benötigt.

Harngläser und Nylander Reagenz

Im deutschen Reich wurde seit den 1920er Jahren der Glycurator aus den Serumwerken Dresden und München vertrieben. Der Glycurator arbeitete auf dem oben beschriebenen Prinzip der Nylander-Lösung, allerdings mit eigener Chemikalie. Noch in den 1970er Jahren gab es ihn in der DDR.

Glycurator

Eli Lilly brachte um 1935 ein Urine Sugar Test Case auf den Markt. Dieser hatte kleine Trockenbrennstoffe mit begrenzter Brenndauer dabei. Sie brauchte man, um das mit Harn gefüllte Reagenzglas und einer eingeworfenen Tablette aufzukochen. Danach sorgte die Reaktion für einen Farbumschlag von grün nach braun. Alles war in einer Kunststoffschachtel untergebracht.

Harnzuckertest, Eli Lilly

Bis auf die beschriebene Erhitzung funktionierte der, von der Firma Ames, in einer schwarzen Schachtel untergebrachte, Clinitest in den 1950er Jahren, genauso. Auch sein Nachfolger, diesmal in beiger Schachtel, ab den 1960er Jahren.

Clinitest

Ende der 1950er Jahre verkaufen Boehringer Mannheim und Eli Lilly die ersten Teststreifen in Rollenform. Die gezeigten Beispiele sind von 1970.

TesTape und Glukotest

Ende der 1980er Jahre gibt es dann, ähnlich wie bei der Blutzuckermessung, einzelne Harnzuckerstreifen.

Beim Diabetes mellitus bleibt diese Entwicklung nicht stehen. So gehören hierzu Teststreifen und/oder Lösungen auch zum Erkennen von Folgeerkrankungen. So spürt man Azeton, Keton, Eiweiß, Kreatinien und Mikroalbumin bei der Harnuntersuchung auf.

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